taunusreiter TAUNUSREITER
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NEU Februar 2016  / aktualisiert Ende April 2016

FREIZEIT IM SATTEL (1958 - April 2008)

FS Logo ab 1980

FREIZEIT IM SATTEL (abgekürzt "FS") wurde in den Zeiten des "Booms" des Freizeitreitens (1970'er, 1980'er Jahre) von allen Freizeitreitern gelesen, und in der Zeit vor der Erfindung des Internets als zeitnahe, monatlich erscheinende Informationsquelle geschätzt.
Herausgeberin und Chefredakteurin war die als Pferde- und Kinderbuchautorin ("Dick und Dalli und die Ponys") bekannt gewordene
Ursula Bruns
(*1.9.1922; gest. 23.4.2016).
Durch die Filmreihe "Immenhof" - die Autorin wirkte als Reitlehrerin der Schauspieler mit - wurden die aus Island importierten Ponys in Deutschland mit einem Schlag populär.1)
Ursula Bruns gründete mit einigen der ersten Ponybesitzer im Oktober 1958 den "Deutschen Pony Klub", aus dem 1978 der heutige Islandpferdeverband IPZV wurde, und brachte für alle Themen rund ums Pony ein Info-Rundschreiben heraus, die "Pony Post". Dieses war zunächst nur hektographiert und wenige Seiten stark.
Die Ponys mussten anders geritten, behandelt und gehalten werden wie man dies für das deutsche Warmblutpferd glaubte, dessen Zahl in den Jahren nach 1950 beständig abnahm. "FS" und "UB" erklärten, wie - denn Ponys waren neu in Deutschland, wurden von Großpferde-Besitzern (und den etablierten Reiterverbänden) scheel angesehen und bekämpft, und andere Informationen gab es nicht. Aus der "Pony Post" wurde ein monatlich erscheinendes Abonnenten-Magazin für alle Themen rund ums Freizeitreiten. 1969 erfolgte die Umbenennung der jetzt 32 Seiten starken Postille in "Freizeit im Sattel", sie hatte ihren Markt gefunden. Ihre langjährigen Untertitel führte sie mit vollem Recht, sie waren Anspruch und Programm: "Größte internationale Zeitschrift für Zucht und Haltung von Robustpferden" (1969-1979) und "Pferdeliebe mit Sachverstand - Die Zeitschrift, die zeigt, wie man's macht" (1980-1992).

FS-77-5 Titel
FS-81-4 Cover
Titelblatt Stil ab 9/69 (erste "FS") bis 12/79
Titelblatt Stil ab 1/80 bis 12/92

Als ab 1970 das Reitrecht verschärft und die Reiter aus dem Wald verbannt werden sollten, berichtete die "FS" ausführlich, Ursula Bruns gehörte zu den Gründungsmitgliedern der VFD und organisierte den Protest, an dem die etablierten Reiterverbände sich nicht beteiligten, den "wilden Reitern" (gemeint waren die nichtorganisierten Freizeitreiter) sogar die Schuld an den geplanten Gesetzesverschärfungen zuschoben.2)

Engagiert begleitete die FS den Boom der Robustpferde- und Freizeitreiter-Bewegung, und wandte sich auch anderen Pferderassen zu. Entsprechend den Vorlieben der Chefredakteurin aber standen die Rassen mit der Gangart Tölt (also Isländer, Peruanische Pasos, die "Kunst-Rasse" Ägidienberger, später auch töltende Traber) immer im Vordergrund. Über die Anfänge des Westernreitens und des Distanzreitens in Europa wurde intensiv berichtet. UB hatte als erste Europäerin einen Amerikanischen 100-Meiler mitgeritten, Trainingsanleitungen "So macht man Pferde fit" veröffentlicht, und Messungen von PAT-Werten (Puls, Atem, Temperatur) populär gemacht. Aus dem "FS Test Zentrum" wo man Produkte, Pferde und Haltungsweisen für die FS-Leser testete, wurde das Reitzentrum Reken. Im Zentrum stand die BB (Bruns-Behr)-Reitlehrmethode und die s.g. "leichte Reitweise", die in 10-Tages-Kursen für Anfänger, mit der Zielgruppe: Erwachsene, und nach zeitgemäßer Methodik gelehrt wurde. Sie machte Linda Tellington-Jones und ihre sanften Methoden der Pferdeausbildung und -behandlung international populär.
Engagiert und leidenschaftlich, aber sachlich, ging es zu in Themen artgerechte Pferdehaltung, Hufbeschlag pro+contra (Strasser-Rödder Kontroverse 1993), Pferdegebisse, der Ablehnung von Hilfszügeln und Sperrhalftern. Alles was einseitig in Richtung Turnier und Leistungssport tendierte, wurde von UB kritisch durchleuchtet. Diskussionen die heute im Facebook-Zeitalter wiedergängerartig und mit meist geringerem Fachniveau wieder hochkochen.
Zwei Sätze und Haltungen, typisch für sie:

"Weg vom Wettkampf, weg vom Militärischen, weg vom Reiten mit Kraft", und

"Ein Pferd muss gar nicht mit Kraft geritten werden. Das hilft ihm nicht und dem Reiter auch nicht."

Das Schreiben hatte Ursula Bruns als studierte Literaturwissenschaftlerin und erfolgreiche Kinderbuchautorin wirklich drauf: Analytische Schärfe und Klarheit in verständlicher Sprache, Einfühlungsvermögen, Wärme, Witz -- und, wo es ihr wichtig war und sie von Gegnern umgeben war, Leidenschaft bis zur Härte, und immer spannend -- so schrieb UB.
Themen wie das Distanz- und Wanderreiten verloren sich ab Mitte der 1980'er Jahre immer mehr aus dem Fokus der Berichterstattung, weil es dabei immer mehr ums "Noch weiter/ Noch schneller ging"3), dagegen fand das Springen im Caprili-Stil (Rolf Becher) Platz. Immer öfter fragte man sich etwas verwirrt beim Lesen, "Ist das überhaupt ein Freizeitreiter-Thema?" Aber bis etwa 1991-1992 gab es für die "FS" keine ernstzunehmende Konkurrenz. Der Verlag erntete die verdienten Früchte seiner Pionierarbeit, lebte gut vom Abonnenten- und Anzeigengeschäft, und hatte es nicht nötig Neukunden über den Zeitschriftenhandel zu suchen.
Nachdem sich Ursula Bruns aus der Redaktion altersbedingt immer mehr zurückzog, fiel es der FS bei zunehmender Konkurrenz in modernerer Aufmachung - viele große bunte Bilder, auf denen oft nichts von Belang abgebildet war - immer schwerer, eigenes Profil zu zeigen, denn leider wurden auch die eigenen Inhalte zunehmend flacher, die Schreiber waren nicht mehr erstklassig. Ursula Bruns war es nicht gelungen, eine ebenbürtige redaktionelle Nachfolgerin aufzubauen, verkaufte ihre Anteile am "FS Verlag" zunächst an ihre langjährige Partnerin Erika Müller, 2008 wurde die FS dann von Paul Parey Zeitschriftenverlag übernommen und zunächst (was mehr als 10 Jahre zu spät kam) mit der eigenen PEGASUS zusammengeführt. Das endgültige Ende der "Pegasus-FS" kam dann nur 3 Jahre später, 2011. Die Freizeitreiter-Szene war da längst zerfasert.

Wenn die Mehrheit der Pferde hierzulande heute in Luft und Licht, und nicht mehr in dunklen vergitterten Ställen gehalten werden wie dazumal, haben sie das, mehr als irgendeiner anderen Person, Ursula Bruns zu verdanken -- Und die Reiter ebenfalls, dass sie heute nicht mehr so reiten (lernen) müssen, als müssten sie übermorgen zu einem Krieg ausziehen.

Islandpferdereiter der ersten Stunde (VR Ursula Bruns)
Ursula Bruns (1.v.r.) mit den bei Bonn untergebrachten "Immenhof"-Isländern (Foto Stadtanzeiger Bonn)

Konkurrenz für die FS auf dem Zeitschriftensektor "Freizeitreiten" (Reiterzeitschriften-Boom der 1990er Jahre)

Partner von Ursula Bruns in der "Freizeit im Sattel"


Rudolf Krum, Niedernhausen (Taunus), pensionierter Oberschullehrer, 1958 - 1960'er Jahre
Prof. Inge Behr, Reitenlernen für Erwachsene (Leichte Reitweise, BB-Methode)
Jochen Schumacher (FS-Testzentrum, jetzt Reitzentrum Reken)
Erika E. Müller, langjährige Partnerin und Teilhaberin
Eva Wunderlich
Sabine Hacker


Korrespondenten und feste Autoren der "FS" bis 1990

Linda Tellington-Jones, USA, Distanzreiten, Training, Leichte Reitweise, T-Touch und T-TEAM
Jean Claude Dysli, Westernreiten und -zäumungen (gest. 2013)
Sadko G. Solinski, Französischer Korrespondet, Themen Wanderreiten, Südwesteuropäische Reitweise (gest. 2005)
Ewald Isenbügel, Pferdemedizin und Gesunderhaltung
Pierre Burkhardt, Schweizer Korrespondent, Wanderreiten
Jochen Brandt, Wanderreiten, Pferdezahnkunde

Jutta von Grone, Rund um die Pferdeweide (gest. 2013)
Marlies Hofmann, Pferde-Umgang, Reiterspiele


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Anmerkungen
1) Ursula Bruns: Wie alles anfing  (Lesenswert!)
2) 40 Jahre VFD - Was vor der Gründung geschah
3) Beim Distanzreiten festzumachen nach der kritischen Berichterstattung zur Deutschen Meisterschaft 1987 (Ellringen), wo am 3. Reittag (260km) sämtliche Favoriten mit reituntauglichen Pferden ausgeschieden waren, das s.g. "Favoritensterben", und ein Außenseiter, Horst Göthe mit Haflinger Benjamin, Deutscher Meister im Distanzreiten wurde -- Es wurden bis heute nie wieder Deutsche Meisterschaften im Distanzreiten über längere Strecken als 2 Tage veranstaltet...