Kleine Anmerkungen
*) Die Mängel der ersten "Verdeutschung" von
Guérinière's
"Reitschule" (Knöll,
1819) sind spätestens seit Soliniski's Ausführungen in "Reiten
Reiter Reiterei" bekannt. Man kann dem damaligen Herausgeber,
der vielleicht nicht mal selbst Reiter war, sicher darin keinen
Vorwurf machen, dass sein Buch den Mängeln zum Trotz
200
Jahre später immer noch nachgedruckt wird. Diese Fehler
lassen sich der
Neuübersetzung von Stratmann 1966
(Reitschule) nicht ankreiden. Diese kannte leider auch der
vielbelesene Solinski nicht. Antiquarisch ist sie selten, warum?
Sie erschien, als es in Deutschland fast keine Reiter (und somit
Pferdebuchkäufer) mehr gab. Eine überarbeitete Neuauflage wäre
verdienstvoll.
**) Es ist dennoch festzustellen, dass die leichte
Bauchmuskelanspannung -
unverzichtbar um den Reiter zu
tragen - dem Pferd anfangs schwer fällt und über längere
Dauer geschult werden muss, bis sie auch über einen längeren
Ritt durchgehalten werden kann. Auf diesen ist es eigentlich
immer erforderlich, das Pferd ab und zu (mindestens jede Stunde)
durch absitzen und 5-10 Min. zufußgehen in Rücken- und
Bauchmuskulatur zu entlasten.
Die jeweils "richtige"
Bauchmuskelspannung beim
Gerittenwerden muss durch das Pferd gesucht und gefunden werden,
wobei der Reiter durch Schenkel, Sitz und Zügel helfen kann und
sollte. Hat es im Moment "zuviel" davon, passieren dann
tatsächlich manchmal (und mit deutlicher Richtung nach vorwärts)
ein paar Bocksprünge, die aber nur zeigen, dass das Pferd in
seinem Bemühen den Reiter zu tragen auf keinem grundsätzlich
verkehrten Weg ist! Der verständige Reiter wird dann Zügel und
Schenkel etwas nachlassen oder sich im Sitz etwas leicht machen,
sein Pferd aber niemals für die Äußerung von Leben und
Freiheitswillen tadeln, und braucht sich keine Sorgen zu machen,
durch dies Laissez-faire sein Pferd irgendwann zu einem echten
"Bocker" zu verderben, die aus ganz anderen Ursachen zu solchen
werden.
Dasselbe gilt natürlich auch, wenn das Pferd viel
Bauchmuskelkraft und Eigenbalance erfordernde Manöver wie
fliegende Galoppwechsel im Gelände mit Reiter eigenständig
durchführt. Dafür ist das Pferd immer zu loben und zu bestärken.
***)
"Freiheit auf Ehrenwort" stammt als Begriff aus dem
alten Kriegsgefangenen-Recht, der die respektvolle Behandlung
von gefangenen Soldaten (fast nur Offizieren) betrifft.
Erklärten diese auf Ehrenwort, sich zu ergeben und auf
Fluchtversuche zu verzichten, konnte ihnen eine verminderte
Bewachung bis hin zum weiteren Tragen persönlicher Waffen (als
Attributen des Ehrenmannes) zugestanden werden. Ein Ehrenwort
durfte nicht gebrochen werden, es durfte aber auch nicht
verlangt werden, und galt vielleicht sogar für besonders
ehrenvoll die Abgabe des Ehrenworts zu verweigern, und damit
strengere Behandlung und Bewachung zu akzeptieren, wodurch den
Bewachern dann ja mehr Mühe und Aufwand entstand. Aus dem
historischen Kontext heraus halte ich die Anwendung des Prinzips
auf das Pferd, bzw. eine Reiterei, die den
partnerschaftlichen
Aspekt betont, nicht für ganz passend. Weder ist das Pferd
Gefangener, noch kommt ihm eine Ehre im menschlichen oder
aristokratischen Sinn zu, stattdessen umfassender menschlicher
Schutz und die Anwendung menschlicher Ethik. Anders als bei
gefangenen Offizieren ist beim Pferd die "Einsicht" in das
Aussetzen einer Zwangsmaßnahme nicht gegeben (die das Gebiß gar
nicht sein darf, und als die es auch nicht verstanden werden
darf). Wenn gemeint wird dass ein Pferd ein solches Prinzip
verstehen würde, dürfte es wohl eher aus Gründen der
Schmerzvermeidung
hinter dem Zügel, und somit
ohne
Anlehung gehen.