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  Update 23. Aug. 2009
Pat Fitzgerald riding the Tevis

Der Weg zum Distanz- und Langstreckenpferd

Von der Grundausbildung zum Leistungstraining in kleinen Schritten

(c) Frank Mechelhoff

Basis der Ausbildung zum Distanz- oder Wanderreitpferd ist eine umfassende Grund­ausbildung des Pferdes. Eine lange, systematische Vorbereitung des Pferdes ist Voraussetzung, damit es die verlang­ten Aufgaben ohne Schaden verrichten kann.

Einseitige Trainingsmethoden gehen an der Sache vorbei, können besten­falls kurzzei­tige Erfolge bewirken und sind für Gesundheit und Psyche des Pferdes oft schädlich. Für alle hoch­blütigen Pferde (Araber, Vollblüter und hochblütige Kreuzungen) - vermeintlich leicht zu trainieren und sportlichen Erfolg versprechend - gilt dies ganz besonders. Nicht schematische Trainings­pläne werden vom Aus­bilder gefor­dert, son­dern  Wissen, Ein­füh­lungs­vermögen, Disziplin und Kreativität.

Grundlagen

Ein gutes Distanzpferd muß zunächst einmal die Grundanforderungen erfüllen, die an jedes gute Reitpferd gestellt werden. Das ist das wich­tigste, und nicht, daß es einer renommierten Zucht entstammt oder als "distanzgeeignet" an­geboten wird. Die wichtigsten Eigenschaften sind:
  •      Gute Grundausbil­dung,
  •      Korrektes Exte­rieur,
  •      Wille zum Lau­fen,
  •      Volle Gesundheit.
Es macht überhaupt nur Sinn, mit ei­nem geeig­neten Pferd anzu­fangen.

Die Pferdebeurteilungslehre und mein Wissen (oder Vermutungen) über die Vor­geschichte des Pferdes geben mir einen Maßstab an die Hand, ein­zu­schät­zen, in­wieweit das be­trachtete Pferd in der Lage sein sollte, die geplanten Aufgaben erfül­len zu können.

Zwar kann das Pferd, wie der Mensch auch, körperli­che Mängel in Grenzen durch entspre­chende Willensanstrengungen aus­gleichen (die Ara­ber liefern oft gute Bei­spiele dafür). Dies ist aber immer mit hö­herem körperli­chen Einsatz und der Gefahr frühzeitigen Ver­schleißes verbunden.

Man sollte sich dabei nicht von einzelnen, positiv ausgeprägten Merkmalen blen­den lassen, sondern das Pferd als Ganzes betrachten.

Exterieur-Anforderungen ("Muß"- Eigenschaften) für Distanz- und Lang­streckenpfer­de sind :
  •      Korrektes Gangwerk,
  •      Kräftige Gelenke,
  •      Gerader, gutbe­muskel­ter Rücken,
  •      Geschlos­sene Len­denpartie,
  •      Kräftige Hinter­hand,
  •      Gutgeformte und harte Hufe,
und gelten für Pferde aller Rassen. Wer na­mentlich eine Rasse oder einen Pferde­typ liebt, die in dem ei­nem oder anderen Punkt zu Schwächen neigen (auch wenn das Freunde und Züchter dieser Rasse nicht anerkennen), muß sich besonders um eine objektive Beurteilung bemü­hen.

Viel Zeit miteinander zu verbringen und Ziele langfristig zu verfolgen erfordern vom Reiter unerschöpfliche Geduld und Liebe zu seinem Pferd. Wenn Pferd und Reiter zusammenpassen und sich mögen, können sie viel mehr erreichen als andere, bei denen es nicht so stimmt.

Haltung und Ausrüstung

Es kann nicht oft genug betont werden, daß gesunde Aufzucht und Haltung für ein Pferd, das Leistung bringen soll, unabding­bar sind. Kompromisse zu ungunsten der Gesundheit müssen unbedingt vermieden werden. Pferde benö­tigen im Sommer ausreichend Bewegungsanreiz bietende Wei­den mit Baum­schutz von Hektargröße, im Winter zusätzliche Über­dachungen und ebenfalls Weide oder zu­mindest groß­zügige Ausläufe. Bequemlichkeit oder "Es geht nicht anders" ist kein Argument für unvollkommme Haltungsweisen.

Nun ist artgerechte Pferdehaltung durchaus mit vertretbarem Zeitaufwand zu rea­lisieren. Wer sein Pferd ernsthaft ausbilden oder trainieren will, benötigt den Groß­teil seiner ver­fügbaren Zeit zum eigentlichen Reiten und weniger zu gutge­meinten Nebentätigkeiten.

Bei einem Pferd, dessen Leistung im Zu­rück­legen vieler KM im Gelände liegt, müs­sen Gang­werk und Hufzustand ständig höch­sten Anforderungen genügen. Fast alle Pfer­de benötigen da­her - gelegent­lich, oder die überwiegende Zeit des Jahres - Huf­be­schlag oder Hufschutz. Dabei können Hufeisen, Hufschuhe, Pla­stikbe­schlag und andere Mög­lichkeiten in Be­tracht kommen. Für die Entschei­dung, welcher Huf­schutz geeignet und angebracht ist, benötige ich ei­nen her­vor­ragenden Hufschmied sowie viel eigenes Wis­sen. Einfache Antworten wie "Jedes Pferd kann ohne  Eisen gehen" oder "Jedes Pferd braucht Hufeisen" befrei­en zwar den Men­schen vom weite­ren Nach­denken und sind daher beliebt - aber leider falsch.

Von der weiteren Ausrüstung kann beson­ders der Sattel negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Pferdes haben. Daß manche Pferde sich mit durch­ge­drück­tem Rücken und hochgeworfenem Hals hart auf den Zügel legen und ih­rem Reiter da­vonstie­ben wollen, liegt nicht immer daran, daß sie gutes Pferde­ma­terial zum Distanz­reiten sind. Oft liegt es an un­passenden Sät­teln.

Man muß viele Sättel auf den Rücken eines Pferdes gelegt haben und das Pferd beim Reiten und Satteln genau beobachten, um einen wirklich gut passenden Sattel zu fin­den. Die Paß­form jedes Sattels muß ge­naue­stens untersucht werden, egal ob er für das Distanz- oder Wanderreiten speziell konstru­iert worden ist, oder die Werbung behaup­tet, er würde jedem Pferd passen. Ein Sattel, der dem Pferd 100-%-ig paßt, ist es aber auch wert, daß sich der Reiter an ihn gewöhnt.

Grundausbildung

Die Grundausbildung ist der wichtigste Abschnitt im Leben des gerit­tenen Pfer­des. Jeder Fehler, der hier ge­macht wird, ko­stet später - günstigstenfalls - ein vielfaches an Zeit, um wieder korrigiert zu werden, oder führt - ebenso häufig - zu negativen Veränderungen am Exterieur oder Schäden.

Daher ist es nicht unproblematisch, bereits zugerittene Pferde zu kaufen, beson­ders wenn man schon erkennt, daß etwas mit ih­nen falsch gelaufen ist. Nur wenn das Pferd eine gute Aufzucht und Haltung er­lebte, keine Mängel in Exterieur, Tempera­ment sowie eine makellose Gesundheit und keine Ängstlichkeit zeigt, sollte an einen Kauf überhaupt gedacht werden.

Grundlage jeder Ausbildung und jeder Reit­weise ist eine geklärte Rangordnung zwi­schen Pferd und Mensch. Das heißt, der Mensch beherrsche sein Pferd kraft seiner Vernunft, überlegenen Ruhe und Kreativität im Umgang und zuletzt seiner, dem Her­den­verhalten der Pferde abgelauschten Körper­sprache. Pferde, die sich leichter unterord­nen und Vertrauen fassen (z.B. in Herden aufgewach­sene), sind für die weitere Arbeit deutlich bevorteilt.

Der Reiter und Ausbilder hüte sich davor, von seinem Pferd mehr zu fordern, als es zu leisten imstande ist, und damit psychisch zu überfordern. Immer darf er nur stu­fen­weise etwas mehr verlangen. Gehorsam und Ver­trauen des Pferdes wer­den die Beloh­nung für seine Geduld sein.

Der Reiter halte sich von allen Reit­weisen und Lehrern fern, die Pferde mit Ge­walt, wi­dernatürlichem Zwang, oder Hilfszügeln und Verschnürun­gen aller Art ausbilden wollen. Da ein perfekt ausgebildetes und aufgebautes Distanz- und Wanderreitpferd 10-15 Jahre zu nutzen ist, kann sich sein Reiter den unerhörten Luxus leisten, sich zur Ausbildung Zeit zu neh­men. Um Ausbil­der, die rasch "sichtbare Erfolge" oder ein Pferd "in 4 Monaten zur Tur­nier­reife" bringen müssen, macht er einen weiten Bogen.

Allen ernsthaften Reitlehren (ob klassisch, iberisch, altkalifornisch oder "leichte" Reit­weise) ist die Erkenntnis gemeinsam, daß mehrere Jahre zur Ausbildung ei­nes per­fekten Reitpferdes nö­tig sind. Nur an diesen Vorbildern kann ich mich als Besit­zer oder Ausbilder orientieren. Wel­cher Reitweise von diesen ich dabei den Vorzug gebe, hängt nur von meinen eigenen Vorlieben und Plänen ab, und wofür mein Pferd sich indi­viduell besonders eignet.

Zwei Fehler sind zu vermeiden: Das Pferd stur nach Schema auszubilden, ohne sich Gedanken über den Sinn und Zweck der Übungen zu machen - andererseits aber auch, das Pferd völlig allein ohne An­leitung ausbilden zu wollen. Seit Jahrtausenden sind die Pferde, Menschen und Probleme beim Reiten dieselben, und es ist daher nicht nötig, "das Rad neu zu erfinden".

Wer Reiten ernsthaft betreibt, wird immer für Anregungen offen sein und Neues lernen wollen, sei es von Reitlehrern, von gut reitenden Freunden oder aus den Werken der Reitkunst.

Das Ziel

Ziel jedes Trainings - egal ob für Distanzritte oder lange Wanderritte - ist es, das Pferd körperlich und psychisch an verlängerte, harte Arbeit und wechselhafte Anfor­derungen - Umgebung, Bodenverhältnisse, Klima, Futter usw. - zu gewöhnen.

Es sind dies die Anforderungen, die den freilebenden Pferden einst in der Steppe begegneten. Nur hier konnten so wundervollen Lebewesen entstehen, wie es die Pferde sind. Wer meint, diese heute eingedeckt, ohne Leistungsabforderung in Stäl­len halten zu können, nimmt ihnen damit alle Kraft, Gesundheit und Härte.

Ihnen diese ursprünglichen Anforderungen - vernünftig ergänzt und gesteuert - zu erset­zen, ist die einzige Pflicht des Reiters und Pferdehalters - die die Natur an ihn stellt. Jede Handhabung durch den Menschen, die nicht das kraftstrotzende, le­bens­freudige Tier zum Ziele hat, das jedem (nur hypothetischen) Kampf in der Steppe gewachsen wäre, vergeht sich am Wesen des Pferdes. Für andere Sparten der Rei­terei mag es dabei brauchbar blei­ben, zum Reiten langer Strecken hingegen wird es untauglich !

Niemals darf das Pferd durch diese Arbeit Schäden erleiden, sondern es soll seine Gesundheit stets verbessern, und dabei an Schönheit, Kraft und Selbstvertrauen gewinnen.

Das Basistraining / Die tägliche Arbeit

Wie kann ich diese Ziel erreichen ? Durch tägliche oder fast tägliche Arbeit mit dem Pferd, selbst wenn es auf nahe­zu unbegrenz­ten Weiden sei­nen Auslauf frei bestim­men kann.

Tue soviele Dinge wie nur möglich mit dem Pferd. Ist es noch jung oder hat gerade erst seine Grundausbildung erfahren, so beginne ich z.B.  2 mal pro Woche - je nach­dem, wieviel Neues es auch nervlich verkraftet - mit kleineren Ausflügen. Ich reite zu Freun­den, inspiziere die Weiden, reite zur Reit­stunde, zum Hufschmied oder erledige viel­leicht sogar klei­nere Einkäufe mit dem Pferd.

Das Pferd soll diese Ausflüge als etwas erfreuliches, abwechslungsreiches erle­ben. Gut vorbereitet müssen sie schon sein, damit ihm dabei niemals etwas unan­geneh­mes oder gar Schmerz widerfährt. Daneben ist gymnastizierende Arbeit notwendig, wofür zumindest zeitweilig ein Reitplatz unabdingbar sein.

Habe ich an einem Tag in der Woche nur kurz Zeit, nehme ich das Pferd für eine Vier­telstunde an die Longe oder in den Round Pen. Hier lernt das Pferd richtige Biegung, verstärktes Einsetzen der Hinterhand sowie, der Körpersprache des Rang­höheren zu folgen. Niemals darf die Longe dabei straff ge­spannt sein, noch darf das Pferd an der Longe ein­fach so herumtrotten, wie es häu­fig zu sehen ist. Obwohl diese Ar­beit in spielerischer Weise abläuft, fordert sie die Konzen­tration des Pferdes und damit seine Psyche sehr stark.

Stürmt mir das Pferd bei der Arbeit davon, macht sich im Rücken oder im Hals steif, legt sich hart auf den Zügel usw., ist noch weitere Arbeit zur Kräftigung des Rückens, der Hinterhand und der Lendenpartie erfor­derlich. Ein großer Fehler wäre es, in einem solchen Fall das Pferd mit Hilfszügeln geradezubiegen, oder solche Verspan­nungen als "arabertypische Haltung" o.ä. fehlzudeuten. Auch jeden negativen Ver­hal­tensänderungen (z.B. Ängstlichkeit, Scheuen usw.) ist auf den Grund zu gehen. Eine Rückkehr zu früheren Ausbildungsphasen, evtl. zur Bodenarbeit, kann dann geboten sein.

Wurde das Pferd 1 bis 1 1/2 Jahre auf diese Weise geritten, kann es schon stär­ker belastet werden. Ich unter­nehme die ersten längeren Ritte, zuerst ohne Gepäck mit einem erfah­renen Pferd als Beglei­tung, später auch al­lein und mit leichter Be­packung.

Dem Pferd lernt so, ganz allmählich und un­gezwungen, nacheinander alles, was ein gutes Gelände- oder Distanzpferd ken­nen muß : Ange­bunden zu stehen und sich zu benehmen, fremde Pferde, Straßenver­kehr, in fremder Umgebung zu sein, sich dort zu ent­spannen und zu fressen, wech­selnde Tempi und Landschaften, die Nacht im Pad­dock oder am Laufseil zu verbrin­gen, sich verla­den und fahren zu lassen und vie­les mehr.

Grundlegendes Aufbautraining

Ein solcherart gerittenes Pferd wird pro Jahr auf 100 - 200 Geländeritten zwischen 1500 und 3000 KM laufen, wovon jeder einzelne seine Muskeln, Sehnen, Kno­chen und Gelenken gestärkt hat. Es hat den wichtigsten Teil seines Trainings bereits hin­ter sich ! Auch seine Psyche ist trainiert. Es wird sich nie mehr grundlos aufregen und in Panik geraten, noch seine Energie ir­gendwie sinnlos verschwenden, wie es z.B. viele hochblü­tige Pferde auf Di­stanzritten tun. An fremden Plätzen verwei­len, fremde Pferde­kameraden, Hängerfah­ren und Tierarztunter­suchungen werden für das so vorbereitete Pferd das normalste von der Welt sein.

Was mache ich nun, wenn das Pferd bei täglicher Arbeit immer nur noch fitter wird und immer noch nach mehr Beschäftigung verlangt ? Denn ir­gendwann kommt für alle "Nicht-Profi-Reiter" der Punkt, an dem das tägliche Reiten zeitlich nicht länger ausge­dehnt werden kann.

Die beste Möglichkeit ist, lange Wander­ritte mit dem Pferd zu unternehmen. Man be­ginnt mit verlängerten Wochenenden und steigert sich allmählich zu wo­chenlan­gen Ur­laubsritten. Es ist die letzte und beste Art, sein Pferd noch besser kennen zu lernen, zu gymnastizieren und zu trainieren - für das Pferd, umherzie­henderweise ähnlich zu le­ben wie seine Vorfahren in der Steppe - für den Reiter die beste Art, über den Kul­tur­kreis zu lernen, in dem er lebt, und All­tag, Streß und Auswüchse der Zivilisation hinter sich zu lassen.

Wessen Pferd so Tagesetappen von 40 bis 60 KM mit Leichtigkeit über viele Tage hinter­einan­der bewältigt, kann sich glücklich schätzen, die andere Krone der Rei­terei erreicht zu haben... Ein solches Pferd kann ohne weiteres Zusatztraining auch Di­stanz­ritte bis 80 KM, in langsamen Tempo (etwa Tempo 6 bis 7 = 6 oder 7 Minu­ten für 1 KM) gehen, und wird dabei immer in der Wertung ankommen.

Wer auf Distanzritten mehr KM oder schneller reiten will, muß zusätzliches Lei­stungstraining betreiben. Solches Training, ohne ausreichendes Wissen, falsch oder ein­seitig betrieben, ist je­doch immer mit Ge­fahren der Schädigung, beson­ders der Beine, verbunden. Wer Leistungs­training zu früh betreibt, kann mit Bein­schäden oder nervli­chen Problemen (Das Pferd wird zum Ren­nen erzogen) sicher rechnen.

Falsches Verständnis von Aufbautraining ist es deshalb, gerade mit jüngeren, sich anbie­ten­den Pferden auf kürzeren Distanzritten (30-60 KM) schnelleres Tempo zu gehen in dem Glauben, es auf den Wettbewerben selbst trainieren zu können. Zu oft kann man fast rohe, unausgebildete Pferde sehen, die ihren Reitern immer nur mit Rücken­problemen da­vonstürmen. Gut trainiert und versorgt, kommen sie dennoch mit guten P/A-Werten, oft sogar in der Spitzen­gruppe an. Aber korrekt ausbildete und aufgebaute Pferde sind diesen immer überlegen und laufen länger an der Spitze mit !

Ausdauertraining - aber richtig !

Man beginne mit einem nicht zu jungen Pferd (Grundausbildung plus mindestens ein Jahr oder 1500 KM Basistraining), führe das Training nicht einseitig, sondern reite maxi­mal 3 mal pro Woche trainings­mäßig. Auf jeden Trainingstag muß ein Tag mit ruhiger Arbeit bzw. ein Ruhetag folgen.

Wichtig bei einem Trainingsritt ist eine gute Vor- und Nachbehandlung. Also das Pferd unmittelbar vor dem Ritt nicht mehr füttern, zu Beginn gut warmreiten (mindestens 15 Minu­ten) und nach dem Ritt oder gegen Ende des Rittes trocken­reiten. Nach dem Ritt das Pferd nie "abstellen". Die Beine dürfen kurz abgewa­schen oder das Pferd in einen Bach gestellt werden.

Mit langsamen Tempo beginnen, z.B. 15-KM-Ritte in Tempo 6. Trainings­strecken mit gutem Geläuf sind wichtig, so daß man län­gere Abschnitte (anfangs etwa bis 10 Minu­ten) durchtraben kann. Unterwegs hält man nach schwierigen Abschnitten mehr­mals an und mißt die P/A-Werte. Die Werte müssen nach weni­gen Minuten auf 64/64 (beim hochblütigen Pferd 64/40) oder weniger fallen, sonst ist man zuvor zu schnell geritten.

Bewältigt das Pferd die Strecke mühelos, so erhöhe ich zuerst die Streckenlänge (bis ca. 24 - 30 KM) bzw. den Schwierigkeitsgrad der Strecke (z.B. mehr Berge). Erst wenn es auch dies bewältigt, kann ich das Tempo erhö­hen.

Kreislauf, Herz, Lunge und Muskulatur sind beim geborenen Athleten Pferd ver­hältnis­mäßig schnell zu trainieren. Hierüber können mir Puls, Atem, Temperatur und Blutwerte verläßlich Auskunft geben. Das Problem sind Sehnen, Bänder, Gelenke und Knochen. Diese benötigen sehr viel länger, um sich anzupassen. Meßbare Pa­rameter gibt es hier nicht. Schäden machen sich meist erst spät be­merkbar und be­nötigen dann meist lange Zeit zur Ausheilung bzw. heilen in manchen Fällen nie mehr voll­ständig.

Es ist somit ein großer Fehler, beim Training des Pferdes nur auf die P/A-Werte zu achten. Das Pferd ist als Ganzes genau zu beobach­ten, auch nach dem Ritt auf der Weide. Wenn das Pferd...
  • freudig mitarbeitet, aufmerksam ist und gut vorwärts geht,
  • kaum oder nur mäßig schwitzt,
  • zuhause gut frißt und nicht an Gewicht abnimmt,
  • am Tage nach der Arbeit nicht Steifheit, Müdigkeit, Schmerzen, angelaufene oder schmerzhafte Beine oder Rücken­be­schwerden zeigt,
bedeutet das, daß ich Stärke und Ausdauer des Pferdes erhöht habe, ohne Schäden zu verursa­chen. So ist es richtig. Es bedeutet nicht, daß am nächsten Tag härtere Arbeit auf dem Trai­ningsplan stehen muß.

Ein Nachteil seriösen Pferdetrainings jeder Reitsportdisziplin ist der enorme Zeit­aufwand (der sich aber in keinem Fall verringern läßt). Eine Mög­lich­keit, die viele Distanzreiter anwenden ist, mit einer Reitbetei­ligung ein Pferd ge­mein­sam zu trai­nieren.

Wenn das Pferd vom Frühjahr bis zum Spät­herbst auf diese Weise trainiert wor­den ist, sollte es - gute Veranlagung und athleti­sche Substanz vorausgesetzt - in der Lage sein, im zweiten Sommer 40-KM-Trai­ningsritte leicht in Tempo 5 oder schneller zu absol­vieren.

Ein Idealbeispiel für die Ausbildung eines vierjährigen Pferdes zum Distanzpferd (Typ Araber, gutes Fundament, natürliche Aufzucht):

Alter
(Jahreszeit)
Programm Gelände Reitbahn Dauer
(Durchschn.- Max.)
4 - 4 1/2
(Sommer)
Grundausbildung Vertrauen
Schritt und Trab
Gewicht, Schenkel und Zügel
Übungen an der Hand
Longieren
1/4 Std.
4 1/2 - 5
(Winter)
Grundausbildung w.o. Grundgangarten
zusätzlich Galopp
1/2 Std. - 1 Std.
5 - 5 1/2
(Sommer)
Basistraining Grundgangarten
Schulung im Gelände
Gewöhnung an Neues
Ausdauer
zusäzlich einfache gymnastische Übungen 1 Std. - 4 Std.
(bis 30 km)
5 1/2 - 6
(Winter)
Basistraining Schulung in schwierigem Gelände, Gewöhnung an Neues, Ausdauer gymnastizierende Übungen 1 Std - 6 Std.
(bis 40 km)
6 - 7
(So. - Wi.)
Ausdauertraining w.o. w.o. 1 1/2 Std. - 8 Std.
(bis 60 km)
7 - 8
(So. - Wi.)
Ausdauertraining w.o. w.o. 2 Std. - 12 Std.
(bis 80 km)


Auf Wettbewerben sollte das Pferd zunächst in langsamen Tempo (etwa bis Tempo 6) geritten werden. Schneller als Tempo 5 sollte es erst mit 8 Jahren auf Wettbewer­ben geritten werden.

Intervalltraining

Einige Reiter meinen, daß sie Trainingsar­beit sparen können, indem sie vor­nehmlich In­ter­vall­training durchführen. Durch Inter­vall­training kann ich das oben beschrie­bene Aus­dauertraining jedoch nicht ersetzen. In­tervalltraining bietet sich dann an, wenn die Lei­stungsfähigkeit von Herz-Kreislauf-Sy­stem nach intensivem Ausdauer­training nicht mehr steigerungsfähig ist, oder um be­stimmte Muskel­gruppen aufzu­bauen. Sehnen und Ge­lenke müssen dazu bereits hart sein, denn sie werden bei dieser Trai­ningsform extrem belastet.

Ein Großteil des Intervalltrainings läuft im anaeroben Bereich ab: Der Kreislauf arbei­tet auf Hochtouren (Hohe Puls- und Atemwerte). Muskeln ar­beiten unter Sau­erstoffmangel bei Zuhil­fe­nahme von Glucose als Energieträger, die zu Milchsäure (Lactat) verbrannt wird. An­dere Muskelfasertypen als im Ausdauer­training  wer­den benutzt (FT-Muskelfasern = "Fast-Twitch"). Der Be­darf an Grundstof­fen steigt um das 20-fache, und starkes Schwit­zen führt zu hohen Ver­lusten von Wasser und Mine­ralstoffen. Die entstehende Milchsäure kann zu Schäden an Muskeln und Gelen­ken bis hin zum Verschlag führen. Wenn schon  Intervall­training, dann ist es in abgemil­derter Form ("Extensives Intervall­trai­ning" schon wirkungsvoll genug: Dabei wird die aerobe Schwelle nur kurzzeitig über­schritten (20 bis 60 Se­kunden)

Kurzum, Intervalltraining ist etwas für die Spezialisten unter den Distanztrainern und die wenigen absoluten Top-Pferde. Ohne großes Wissen um die physiologi­schen Zu­sam­menhänge, tierärzt­liche Kontrolle, be­gleitende Blutuntersuchun­gen und Puls­meß­geräten sollte man die Finger davon las­en.
"Es kann leicht der Ein­druck ent­stehen, daß Leistungstraining langweilig ist. Nun, viel­leicht ist es so. Und das ist auch der Grund, weshalb nur die besten (und diszipli­nierte­sten) Pferde­leute es schaffen können. Sie sind einge­weiht und wissen Be­scheid."
(Frank Palka, DVM, bekannter US-Distanztierarzt und -reiter)

Beginne mit dem passenden Pferd. Rechne in Zeiträumen von 2 - 3 Jahren, und nimm Dir soviel Zeit zum Reiten wie Du kannst. Probleme und Schwierigkeiten als Chance zu lernen und Herausforderung zu erkennen, ist bereits die erste Stufe zu Horsemanship. Das ist alles, was letztlich zählt und Euch weiterbringt. Gib niemals auf. Es gibt in der Reitkunst keine ”Abkürzungen” - deshalb suche keinen Weg, ein gutes Distanz- und Langstreckenpferd in möglichst kurzer Zeit aufzubauen. Wenn Ihr es geschafft habt, wirst Du wissen, daß Euer Weg sich gelohnt hat...

Oberursel/ Taunus, im August 1993                                             Frank Mechelhoff                                   
(dedicated to her)




Epilog


"When your horse moves lightly through your training session, you may soon reach the point to question yourself whether to increase distance or speed, in order to increase fitness, or which to increase first. The answer to that question is very basic and simple, so I will do my best to make it clear: Always increase distance first. Increase distance first. Always increase endurance first..."

(gefunden in den 1990'ern, Palka oder M. Matthew-Smith und den Artikel für "Distanz Aktuell" übersetzt --
Inzwischen - Sommer 2009 - ist mir der Sinn dieser dreifachen Wiederholung noch viel klarer geworden)





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